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Fake News und der Durst nach Wahrheit

Autorenbild: Sudhir SeybothSudhir Seyboth

Aktualisiert: 26. Nov. 2024

Wer Informationen nicht mehr trauen kann, schaut auf den inneren Kompass

Text: Sudhir Seyboth, Path of Love Deutschland

Soziale Medien haben ein enormes Potential zum Guten, wenn wir dieses Werkzeug bewusst einsetzen. Doch zurzeit geht einiges schief!


Der Desinformationskrieg

„Präsident Trump ist ein total blöder Vollidiot!“ Diese Worte aus Obamas Mund, in einem Video auf CNN, lösten im neuronalen Netzwerk meiner politischen Überzeugungen einen wahren Beifallssturm aus! Doch dann spricht er weiter: „So etwas würde ich natürlich selbst nie sagen“! Obamas Mimik und Stimme wirken authentisch. Doch das Ganze ist ein “Bodenloser-Schwindel”: ein “Deep-Fake”.


Das Video wurde für die CNN Reportage von einer künstlichen Intelligenz kompiliert. Der Algorithmus macht es möglich, dass wir anderen Menschen unsere Worte in den Mund legen, wobei Stimme und Mimik so perfekt simuliert werden, dass Original von Fälschung nicht mehr zu unterscheiden sind. Was könnte passieren, sollte jemals solch ein “Deep-Fake” viral gehen und die globalen Medien infizieren? Könnern wir noch unseren eigenen Augen und Ohren trauen? Können wir noch unserer eigenen Meinung glauben?




Isoliert in unserer Filterblase

Als ich vor 12 Jahren mein Konto bei Facebook eröffnete, hatte ich noch keine Ahnung, dass intelligente Filter Algorithmen erkannt hatten, welche Nachrichten meine Weltanschauung bestätigen würden. Und bald wurden nur noch Nachrichten von Erleuchtungsaposteln, Verschwörungstheoretikern und abgehobenen Hippies auf mein Tablet geroutet. Und diese Informationsschwemme diente im Endeffekt nur dazu, mich zu bestätigen, in dem was ich ohnehin schon geglaubt hatte. Wenn so viele Freunde unsere Ansicht teilen, dann müssen wir doch recht haben, oder?

Kommunikationswissenschaftler beschreiben dies als den Echokammer-Effekt: Durch den einseitigen virtuellen Umgang mit Gleichgesinnten kommt es zu einer Verengung unserer Weltsicht. Wir werden sehr effektiv in unserer „Blase“ isoliert und fühlen uns in unserer eignen Meinung bestätigt. Soziale Medien sind eine virtuelle Litfaßsäule für Meinungen, Spekulationen und für Emotionen. Der Filter Algorithmus befördert im ‚Newsfeed‘ jene Postings nach oben, die starke Reaktionen wachrufen: Angst und Hass. Und das kann in der realen Welt Menschenleben kosten.

Gerüchteküche in Myanmar

Vermutlich wollte sie sich nur wichtigmachen, als Shwe Eain Si, die 19-jährige burmesische Schönheitskönigin mit einer gewissen Vorliebe für Militärpropaganda auf ihrer Facebook Seite ein Video veröffentlichte, auf dem bewaffnete Muslime einen Polizeiposten angreifen. Dann tauchten auf zahlreichen Facebook Seiten von Popstars und Nationalhelden Berichte auf, die behaupteten, dass eine buddhistische Frau durch einen muslimischen Mann vergewaltigt worden sei. Die Gerüchteküche in Myanmar beginnt überzukochen. Es kommt zu Ausschreitungen und laut einem Bericht von Ärzten ohne Grenzen starben mindestens 6700 Muslime, seitdem die Militär Razzia begonnen hat.


Die muslimische Minderheit ist dem buddhistischen Militär ein Dorn im Auge und bald zeigt sich, dass die volksverhetzenden Facebook Beiträge von Myanmar’s Militärangehörigen stammten, die das soziale Netzwerk zu einem Instrument der ethnischen Säuberung gemacht hatten. Troll-Konten und falsche Promi-Seiten, die vom Militär eingerichtet wurden haben geholfen Facebook mit Hass und Islamophobie zu überfluten. Facebook entschuldigte sich später, dass es zu langsam reagiert habe. Aber da waren schon mehr als 700.000 Rohingya aus dem Land geflüchtet. Die geltungsbedürftige Schönheitskönigin hat nicht viel Einsicht gezeigt. Sie war eingeschnappt als sie ihre Krone zurückgeben musste.


Wie Angst zur Waffe wird?

Manchmal bin ich einfach nur baff wie intelligente Leute die Realität hinter dem Holocaust, der Mondlandung, 9-11 oder dem Klimawandel einfach so als Fake News abtun können. Terrorbewegungen, totalitäre Staaten und narzisstische Präsidenten mussten immer schon den Glauben an Wissen und Wahrheit zerstören und ihn durch Angst ersetzen.


Aus der Sicht von „Dr. Evil“ und den Misanthropen sind die Sozialen Medien das effektivste Manipulationswerkzeug, das sie je hatten. Angst wird zur Waffe und Soziale Medien sind der perfekte Kanal, um Fehlinformationen zu verbreiten, die dann eine Epidemie der Angst auslösen. Hitler, Stalin, Mao, Putin und Trump sind alle Meister der Desinformation. Und Desinformation verbreitet sich so effektiv, weil falsche Nachrichten gewinnbringend sind: sie locken Besucher auf Portale, wo diese Bestätigung für ihre Weltanschauungen finden.


Man sagt, dass man mit Statistiken alles beweisen könne, nur nicht die Wahrheit und somit könnten die statistischen Daten der Klimaforscher auch eine Fehlinformation sein?! Nur meine eigene Erfahrung und meine Augen können bezeugen, dass damals, als ich noch ein Kind war, der Jungfrau Gletscher im Berner Oberland bis tief ins Tal reichte. Heute ist er fast weggeschmolzen! Dies ist für mich eine Erfahrung nicht nur eine Nachricht. Was auch bedeutet, dass Menschen leider erst dann an den Klimawandel glauben werden, wenn ihre Familien in überfluteten Küstenstädten ertrinken.


Können wir Augen und Ohren noch trauen?

Laut dem Deutschen Wörterbuch ist die Nachricht eine Mitteilung, nach der man sich richten sollte. Doch die Zeiten sind vorbei, wir leben im postfaktischen Zeitalter! Wir können uns nicht mehr nach dem geschriebenen Wort, Ton oder Bild richten, sondern nur noch nach unserem eigenen inneren Kompass.

Aber Vorsicht, sind die Meinungen von uns bewussten Menschen wirklich korrekter als die Ansichten der Pegida Proleten oder der Trump Basis? Haben wir recht und die nicht? Der Kern unserer Rechthaberei ist die Angst vor dem Nicht-wissen und das Paradoxe ist: „Im digitalen Zeitalter ertrinken wir in Informationen und hungern gleichzeitig mehr denn je nach Wahrheit.“


Aber vielleicht hat es ja einen tieferen Sinn, dass wir von den Sozialen Medien mit Lügen, Propaganda und narzisstischer Eigenwerbung überflutet werden. Wir werden uns bewusster, wie wir unsere Meinung bilden: aus Halbwahrheiten und Fehlinformationen.


Ich glaube, dass wir langsam beginnen zu begreifen, dass ‚etwas wissen‘ nicht bedeutet, dass wir es wirklich auch verstanden haben. Einstein und Sokrates hatten bereits die Erkenntnis: „Je mehr ich weiß, um so mehr weiß ich, dass ich nichts weiß.“


Vielleicht ist es an der Zeit, dass wir unsere Ideologien, Meinungen und Glaubenssätze loslassen und uns eingestehen, dass wir unsere Umwelt genauso wenig verstehen wie unsere Innenwelt oder das Leben. Wenn Ich also ehrlich bin, dann habe ich auf diese Fragen keine richtige Antwort und schlaue Worte machen mich auch nicht weiser. Unschuld bedeutet das wir unsere Erfahrungen nicht erklären müssen.


Hast die jemals die Reinheit des Augenblicks gespürt, wenn du sagst: “Ich weiß es nicht“? Hast du die Unschuld dieses Moments gespürt? Hast du die Stille gespürt, die entsteht, wenn du sagst: "Ich weiß es nicht"? Osho, Weg der Sufis

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